Das Projekt nexus ist seit dem 30. April 2020 abgeschlossen. Alle Informationen und Texte entsprechen dem Stand zum Projektende und werden nicht weiter aktualisiert. Mit dem Themenbereich Anrechnung und Anerkennung befasst sich das aktuelle HRK-Projekt MODUS und für Studierende die Infoseite AN!.
Reflexion: Tilman Dörr & Mina Wiese, Hochschulrektorenkonferenz / nexus
In ihrem Einführungsvortrag stellte Professorin Dr. Mechthild Dreyer von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz heraus, warum Kompetenzen im Zentrum der Anerkennungs- und Anrechnungsentscheidungen an Hochschulen stehen sollten. Sie leitete dies primär aus der Verpflichtung der Lissabon-Konvention (LRC) ab, dass Anerkennungsentscheidungen transparent und diskriminierungsfrei zu erfolgen hätten. Wenngleich die LRC den Begriff der „Kompetenzen“ nicht verwende, sondern von „Qualifikationen“ spreche, sei dennoch in der Konvention festgelegt, dass Anerkennung allein auf der Grundlage der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten erfolgen müsse. Damit seien formale Kriterien wie der Ort oder Zusammenhang des Erwerbs sowie persönliche Merkmale des Antragstellers nicht relevant, so dass eine diskriminierungsfreie Anerkennung gewährleistet werde.
Der Begriff der Kompetenz sei im Zusammenhang mit der Einführung von Qualifikationsrahmen in den Kontext von Anerkennung und Anrechnung gebracht worden und seien der geeignete Maßstab, da sie diagnostizierbar, bewertbar und somit nachweisbar seien. Damit werde die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Anerkennungs- und Anrechnungsprozessen unterstrichen.
Dr. Sylvia Ruschin von der Hochschule Niederrhein führte in ihrem Impuls aus, dass Kompetenzmodelle geeignet seien, einen Beitrag zur Klassifikation von Studiengängen zu leisten und um kontextabhängige Kompetenzen operationalisierbar bzw. vergleichbar zu machen. Hierzu stellte sie mehrere Modelle vor (siehe Präsentation), die im Grunde jedoch immer auf die Bloom‘sche Taxonomie rekurrierten. In der Praxis sei beobachtbar, dass Kompetenzmodelle häufig nicht explizit als Grundlage für die Studiengangsgestaltung verwendet würden, implizit durch Annahmen und Erfahrungen jedoch häufig schon. Dies zeige sich ebenfalls bei der Typisierung von Studiengangsmodellen: Zwar würden Studiengänge in der Regel nicht nach einem bestimmten Modell konstruiert, implizit liege jedoch jedem Studiengang ein Konzept zugrunde. Die daraus folgende Sichtbarmachung von Kompetenzen stelle eine wichtige Voraussetzung für Anerkennung und Anrechnung dar.
Agnieszka Maluga und Professor Dr. Ulrich Bartosch von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zeigten im dritten Impuls die praktische Verwendung von Qualifikationsrahmen im Zusammenhang mit der Gestaltung von Studiengängen auf. Das Projekt LINAVO der Hochschulen Kiel, Westküste (Heide) und Lübeck sowie der Universität Flensburg nutzte die günstige Ausgangslage, acht Studiengänge neu entwickeln zu können, um strukturierte und transparente Anrechnung von Kompetenzen zu ermöglichen. Im Vordergrund hierbei stand die Öffnung der Hochschulen, ohne jedoch die spezifischen Charakteristika von Hochschulen zu vernachlässigen. Dies resultierte zunächst in der Frage, wie sich hochschulische und berufliche Bildung unterscheiden. Neben gleichwertigen Elementen gäbe es Unterschiede, so dass erst nach der Beantwortung der Frage, was das hochschulische Selbstverständnis ausmacht, ein konstruktiver Austausch mit Partnern zum Zweck der strukturierten Anrechnung möglich sei. Daher wurden für jeden Studiengang auf der Basis des Hochschulqualifikationsrahmens (HQR) Kompetenzprofile entwickelt, die definieren, wie das Profil der Studierenden am Anfang und insbesondere nach erfolgreichem Abschluss des Studiums aussehen solle. Da Kompetenzen immer abhängig von der Definition seien, so Bartosch, sei die Verwendung von Kompetenzmodellen unbedingt notwendig, um eine Verständigung zu erreichen, was Kompetenzen sind, woran man sie erkennen und wie man sie messen kann.
Im Projekt LINAVO wurden sechs Schritte der Anrechnungskonzeption vollzogen:
Mittels einer Datenbank wurde dabei visualisiert, welche Lernergebnisse welche Deskriptoren ansteuern bzw. bedienen. Daraus folgte eine Risikoabschätzung für die Anrechnung der einzelnen Module, die es erlaubt, transparente und nachvollziehbare Entscheidungen für die Anrechnung zu treffen.