Das Projekt nexus ist seit dem 30. April 2020 abgeschlossen. Alle Informationen und Texte entsprechen dem Stand zum Projektende und werden nicht weiter aktualisiert. Mit dem Themenbereich Anrechnung und Anerkennung befasst sich das aktuelle HRK-Projekt MODUS und für Studierende die Infoseite AN!.
Spätestens seit der mit dem Bologna-Prozess verbundenen durchgreifenden Umstellung des Hochschulsystems ist der Kompetenzbegriff zu einer zentralen Orientierungsgröße bei der Entwicklung von Modulen und Studiengängen geworden. Das akademisch orientierte Kompetenzverständnis sollte fachliche und überfachliche Kompetenzen, wie methodische, soziale und persönliche Kompetenzen, umfassen. Jedoch muss bei der Formulierung der Curricula eine integrierte Kompetenzorientierung erfolgen: Überfachliche Kompetenzen und Fachkompetenzen sollten idealerweise gemeinsam entwickelt und miteinander verzahnt werden. Die überfachliche Kompetenzentwicklung ist sinnvoll in die jeweiligen Fachkontexte einzubetten und nicht losgelöst von fachlich-inhaltlichen Aufgaben und Anforderungen voranzutreiben. So ließe sich beispielsweise Kooperationsfähigkeit als Sozialkompetenz sinnvoll in Form von Gruppenarbeiten zur Lösung fachlicher Aufgabenstellungen fördern. Nur eine falsch verstandene Kompetenzorientierung kann unseres Erachtens zu Inkompetenz führen, wenn fachliche Studieninhalte zugunsten der Förderung und Entwicklung überfachlicher Kompetenzen verdrängt werden.
Die Entwicklung überfachlicher Kompetenzen wird als Voraussetzung für die Bewältigung zukünftiger, vor allem beruflicher Herausforderungen erachtet. In dem Kontext bedeutet Studienerfolg für uns, dass nach Durchlaufen des gesamten Studiums wandlungsfähige und -bereite Absolventinnen und Absolventen hervorgebracht werden, die den Anforderungen heutiger und zukünftiger Berufsfelder oder ggf. weiterführender Programme gerecht werden. Zugleich sollen sie motiviert und fähig sein, ihre Umwelt zu gestalten und Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen.
Die Kompetenzorientierung liefert die strukturelle Basis für den Umgang mit Veränderungen. An der FH Münster setzen wir uns mit der Frage auseinander, welche Learning Outcomes und somit welche Kompetenzen – fachliche wie auch überfachliche – durch die Digitalisierung eine Veränderung erfahren und anders ausgeprägt sind oder völlig neu entstehen.1 Die digitalen Veränderungen in der Lehre werden somit nicht von technischen Möglichkeiten ausgehend betrachtet, sondern von den in einer digitalen Welt erforderlichen Kompetenzen. Dabei wird sowohl auf die veränderten Eingangskompetenzen der heutigen Studierenden als auch auf die für die heute Arbeitswelt und Gesellschaft erforderlichen Ausgangskompetenzen eingegangen.
Unsere Diskussion um die neuen Möglichkeiten durch Digitalisierung an Beispielen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen hat ergeben, dass auch eine Rückbesinnung auf Grundlagenkompetenzen erforderlich ist. Mit der Fülle an Daten und mit der Zunahme des Umgangs mit Daten (aufgrund des leichten Zugangs über digitale Medien) wächst die Notwendigkeit eines Grundverständnisses von Zusammenhängen wie zum Beispiel ein Verständnis über die Funktionsweise eines Computerprogramms oder eines Berechnungstools, also ein algorithmisches Verständnis, welche Parameter wie verwendet werden, damit eine reflektierte und sinnvolle Verwendung digitaler Tools erfolgt. Oder als weiteres Beispiel, die Fähigkeit, zunächst selbständig skizzieren, modellieren und entwerfen zu können, bevor die 3-D-Animation, sowie die Schrifttypen und Farben eines Computerprogramms zum Einsatz kommen, also eine bewusste Rückkehr zu Bleistift und Papier. Es muss daher ein reflexiver Umgang mit digitalen Medien erfolgen und auf das grundsätzliche Fachverständnis – die Grundlagenkompetenzen – kann nicht verzichtet werden.
Dieser Ansatz zum Umgang mit den Herausforderungen durch Digitalisierung unter Nutzung des Konzeptes der Kompetenzorientierung hat uns sehr geholfen. Unseres Erachtens ist der Ansatz der Kompetenzorientierung auch geeignet, zukünftigen Veränderungen zu begegnen.
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1 Vgl. auch Kreulich, K.; Dellmann, F. &. et al. (2016). Digitalisierung – Strategische Entwicklung einer kompetenzorientierten Lehre für die digitale Gesellschaft und Arbeitswelt, Berlin, und Harth, T.; Dellmann, F. (2017): What should students learn in the digital world?. - In: 3rd International Conference on Higher Education Advances, HEAd’17 Universitat Politecnica de Valencia. Valencia 2017