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Studienverlaufsmonitoring: Die Deutungshoheit muss bei den Hochschulen liegen

05.07.2019 - Prof. Dr. Andreas Musil

 

Messen, zählen, wiegen. In den vergangenen Jahren lässt sich eine Tendenz in der Hochschulpolitik erkennen, von den Hochschulen im Rahmen ihres Studierenden-Monitorings erhobene Daten für die staatliche Hochschulsteuerung nutzbar zu machen. Studienerfolg und Effizienz der Hochschulen sollen so gesteigert werden. Ich möchte diesen Ansatz in zweierlei Hinsicht problematisieren.

Studienerfolg ist weit mehr als ein bestandener Abschluss. Deshalb, so Musil, sei bei der Verwendung interner Daten für die externe Steuerung Vorsicht geboten.
Bild: Pixabay

Die Gewissheit endet bereits bei der Frage, was mit Studienerfolg gemeint ist. Die Hochschulpolitik setzt meist das Erreichen eines Abschlusses mit Studienerfolg gleich. Es geht also in erster Linie um quantitative Zielstellungen. Demgegenüber gilt das Augenmerk von hochschulinterner Qualitätssicherung auf die qualitative Verbesserung des Kompetenzerwerbs durch Studierende. Beide Sichtweisen liegen auf unterschiedlichen Ebenen. Deshalb ist bei der Verwendung interner Daten für die externe Steuerung Vorsicht geboten. Studienerfolg ist weit mehr als ein bestandener Abschluss.

Studienerfolg sollte daran gemessen werden, welche Kompetenzen erworben wurden und wie sich die Persönlichkeit der Studierenden entwickeln konnte. Zudem gehört die Fähigkeit zu kreativer wissenschaftlicher Arbeit zu den Kernzielen eines Studiums. Das Erreichen dieser Ziele lässt sich nicht allein anhand eindimensionaler Quoten messen. Auch der Steuerzahler hat letztlich keinen Mehrwert von Absolventinnen und Absolventen, die ohne Rücksicht auf komplexe Lernziele und mit keinem Blick nach rechts und links ihr Studium abschließen.

Risiko von Fehlsteuerungen
Weiterhin muss überlegt werden, wer die Deutungshoheit über die Zahlen haben kann und muss. Dass Daten erhoben und zur Verbesserung der Studienqualität eingesetzt werden, ist mittlerweile weithin anerkannt. Daten sind als Steuerungsinstrument für die Hochschulen von großer Bedeutung. Qualitätssichernde Maßnahmen sind ohne Datengrundlage schwer begründbar.

Was ist aber mit der Verwendung für die externe Hochschulsteuerung? Hier sehe ich Gefahren. Die externe Hochschulsteuerung dient vor allem der Ressourcensteuerung und der Erhöhung des Akademisierungsgrads. Die Verwendung von Kennzahlen für die externe Hochschulsteuerung gerät mitunter in ein Spannungsverhältnis mit der internen Qualitätssicherung. Zudem ist zu befürchten, dass bei der Generierung von Kennzahlen und deren Auswertung unterkomplexe Methoden angewandt werden, was seinerseits zu Fehlsteuerungen führt.

Vor diesem Hintergrund sind die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Fortführung der Hochschulfinanzierung zwar grundsätzlich zu begrüßen. Im Hinblick auf die in Aussicht genommene Kennzahlensteuerung müssen die skizzierten Risiken und Herausforderungen jedoch im Blick behalten werden. Schon die Orientierung des auslaufenden Hochschulpakts an den Studierenden des ersten Hochschulsemesters führte zu ungewollten Fehlsteuerungen. Das soll und darf sich nicht wiederholen. Vielmehr sollten die Hochschulen in die Schaffung einer validen Zahlengrundlage einbezogen werden, um die skizzierten Herausforderungen zu meistern. Die Definition von Studienerfolg und die Deutung der erhobenen Daten muss nach alledem von den Hochschulen mitbestimmt werden können. Die Deutungshoheit muss bei den Hochschulen liegen.

Prof. Dr. Andreas Musil

Seit 2012 Vizepräsident für Lehre und Studium an der Universität Potsdam und Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungs- und Steuerrecht. 2008 bis 2012 Studiendekan der Juristischen Fakultät der Universität und seit 2011 Richter am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im Nebenamt. Er ist Vorsitzender des Runden Tisches Anerkennung im Projekt nexus.