Ein Frühwarnsystem hilft an der HTW Berlin beim Kampf gegen die Abbrecherquote. Das Prinzip: Schlägt es Alarm, greifen Rektorat, Fachbereiche und Studierende gemeinsam durch
Professor Dr. Michael Heine ist Präsident der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), und deren erklärtes Ziel ist es, die Abbrecherquoten zu senken. „An der Statistik kann ich sofort erkennen, wie viele Studierende in den zurückliegenden Monaten abgebrochen haben“, sagt Heine. Daneben sind die Vergleichswerte aus den vergangenen Semestern notiert. Sobald sich die Zahlen verschieben, sobald sich ein negativer Trend abzeichnet, kann die Hochschulleitung rasch reagieren. Das hausgemachte Frühwarnsystem zeigt bereits erste Ergebnisse. Es ist der enge Dialog mit den Fachbereichen, auf den die Hochschulleitung der HTW bei ihrem Kampf gegen die Drop-Out-Quote setzt – mit den Studierenden ebenso wie mit den Lehrenden. Schneidet ein Studienfach in der Semester-Statistik schlechter ab als zuvor, treten alle Betroffenen zu einer Krisensitzung zusammen. Und gemeinsam werden die brennendsten Fragen erörtert: Woran liegt der Anstieg der Abbrecherquote – und was lässt sich dagegen unternehmen? „Man darf den Kampf gegen die Abbrecherquote nicht schleifen lassen“, sagt Heine. Eine gewisse Konsequenz sei dabei unerlässlich: Einige Monate nach dem ersten Krisengespräch ruft er die Vertreter des Faches noch einmal zusammen und lässt sich erklären, was seither geschehen ist. Selbst die Regeln für die Budget-Zuteilung wurden geändert: Wie viel Geld ein Fachbereich bekommt, hängt von Erfolgskriterien ab – und ein entscheidender Aspekt dabei ist gerade die Zahl der Studienabbrecher. Je erfolgreicher sich also die Lehrenden für ihre Studierenden engagieren, desto besser wird ihr Fachbereich mit Zuwendungen bedacht. Die Härte war am Anfang nicht unumstritten. „Aber es ist ja keine Boshaftigkeit, dass wir das so machen“, sagt Heine: „Wichtig ist, jeden Schritt genau zu erklären. Und eins habe ich schon gemerkt: Wenn wir es schaffen, die Bedingungen in einem Studiengang zu verbessern, dann wirkt das ungemein motivierend auf alle Beteiligten.“ Spürbare Verbesserungen setzen ungeahnte Energien frei – auch das gehört zum Kalkül beim Frühwarnsystem der HTW Berlin. Die Hochschule kämpft mit den gleichen Problemen, die bei den Ingenieurwissenschaften bundesweit zu beobachten sind: Viele Studierende werfen nach einigen Semestern das Handtuch, weil sie die theoretischen Anteile von Physik und Mathematik unterschätzt haben. Bei einigen Studiengängen liegt die Abbrecherquote deshalb bei um die 50 Prozent – mit allen Konsequenzen für die Hochschule, aber auch für die Studierenden, die sich noch einmal ganz neu orientieren müssen. Bei der HTW Berlin wird deshalb das Frühwarnsystem flankiert von einem groß angelegten Konzept gegen den Studienabbruch.
Mehr in "Kreative Vielfalt", S. 60, und auf den Webseiten der HTW Berlin.