Operationswunden versorgen, Werte überprüfen, Untersuchungen anordnen, Medikamente einstellen, Angehörige informieren – auf der „Heidelberger Interprofessionellen Ausbildungsstation (HIPSTA)“ an der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg geht es zu wie auf anderen chirurgischen Stationen. Mit einem entscheidenden Unterschied: Die Versorgung der frisch operierten Patientinnen und Patienten liegt in der Hand von Medizinstudierenden im praktischen Jahr und Schülerinnen und Schülern der Gesundheits- und Krankenpflege im dritten Ausbildungsjahr. Betreut werden sie von Lehrbeauftragen der Chirurgie und Praxisanleitern der Pflege.
Gemeinsam lernen die angehenden Ärztinnen und Ärzte und Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger die Herausforderungen des Klinikalltags kennen und entwickeln dabei auch ein besseres Verständnis für die jeweils andere Berufsgruppe – Was leistet diese alles, wie arbeitet man optimal zusammen? „Wir sind alle begeistert, wie gut HIPSTA funktioniert, was unsere Studierenden, Pflegeschülerinnen und -schüler alles können, mit wie viel Eigeninitiative und Engagement sie sich dieser Aufgabe stellen und wie gut sie zusammenarbeiten“, freut sich Privatdozent Dr. André Mihaljevic, Lehrbeauftragter an der Chirurgischen Universitätsklinik. Das Projekt wird von der Robert Bosch Stiftung im Rahmen des Programms „Operation Team – Interprofessionelle Fortbildungen in den Gesundheitsberufen“ zwei Jahre lang mit über 80.000 Euro gefördert.
Die Idee zur Lehrstation kam von Studierenden, die das interprofessionelles Praxistraining während eines Auslandsemesters im Rahmen des Erasmus-Förderprogramms der Europäischen Union in Kopenhagen kennen gelernt hatten. Als sich Mihaljevic nach eingehender Recherche damit an Fakultät, Gesundheits- und Krankenpflegeschule an der Akademie für Gesundheitsberufe und Pflegedienstleitung der Chirurgischen Klinik wandte, rannte er, wie er sagt, nur offene Türen ein. „Alle haben sofort Interesse signalisiert.“ Die Konzeption und Vorbereitung lief denn auch viel schneller als gedacht: Statt wie ursprünglich angedacht nach 18 Monaten Ausarbeitungszeit, konnte die erste Teilnehmerrunde bereits nach acht Monaten, im April 2017, loslegen.
Regelrechter Run auf HIPSTA
Das Ergebnis ist ein gemeinsames Lehrangebot von Medizinischer Fakultät, Akademie für Gesundheitsberufe und Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, das überzeugt: „Als Supervisor bei Visiten und Teambesprechungen bin ich meistens nur Zuschauer. Bisher wurde alles, was an Problemen aufgetaucht ist, von den Teilnehmern selbstständig gemanagt“, lobt Mihaljevic. Von Seiten der Studierenden und Pflegeschülerinnen und -schüler gibt es inzwischen einen regelrechten Run auf HIPSTA, für die kommenden Kohorten ist voraussichtlich ein Auswahlverfahren nötig. Dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer es hier fast ausschließlich – wie an einem Universitätsklinikum üblich – mit schwerkranken Patienten zu tun haben, macht HIPSTA weltweit einzigartig. „Die Betreuung der viszeralchirurgischen Patienten ist sehr komplex. Da gibt es kaum Standard-Tätigkeiten, die Teilnehmer müssen sehr gut mitdenken – aber das hat bisher wunderbar geklappt“, betont Birgit Trierweiler-Hauke. Die vier Teams versorgen „ihre“ Patienten unter der Supervision ihrer Betreuer selbstständig, bereiten Visiten, Teamgespräche und Übergaben vor, organisieren Untersuchungen und nötige Folgebehandlungen ebenso wie die weitere Versorgung nach Entlassung. In täglichen „Spiegelgesprächen“ resümieren und bewerten sie gemeinsam mit Lehrbegleitern und Praxisanleitern die Vorkommnisse ihrer Schicht. Außerdem ist eine kurze, selbstständig recherchierte Fortbildung eingeplant: Die Themen ergeben sich aus den Fragen, die beispielsweise während der Visite oder der Patientenversorgung aufkommen, und sind sowohl für angehende Ärzte als auch Pflegekräfte relevant.
Im verbleibenden Förderzeitraum bis September 2018 soll eine tragfähige Infrastruktur aufgebaut werden, damit HIPSTA spätestens dann zum Selbstläufer wird. Denn darin sind sich die Beteiligten einig: HIPSTA hat sich schon jetzt mehr als bewährt und soll daher auf jeden Fall auch im Neubau der Chirurgischen Universitätsklinik fortgesetzt werden. „Nur mit einer stärkeren Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit sind Krankenhäuser zukünftigen Herausforderungen gewachsen“, sind sich Mihaljevic und Trierweiler-Hauke sicher.
Quelle: PM