Eine patientenzentrierte Gesundheitsversorgung erfordert ineinandergreifendes Handeln unterschiedlicher Professionen. Dies kann durch interprofessionelles Lernen gefördert werden – ein Ansatz dem hierzulande vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. An der Berliner Charité hat man sich das Ziel gesetzt, dass Studierende der Medizin, Pflege, Physio- und Ergotherapie einander bereits in der Ausbildung begegnen und „voneinander, übereinander und miteinander“ lernen können.
Für das Projekt INTERTUT haben Lehrende und Lernende der Medizin, Pflege, Ergo-, Physiotherapie aus verschiedenen Hochschulen und Ausbildungskontexten ein Konzept für interprofessionelle Tutorien entwickelt. Es wurden ausgewählte Studierende aus verschiedenen Fachrichtungen als Tutorinnen und Tutorenen gewonnen, die dann gemeinsam vier themenverschiedene Lerneinheiten konzipierten: (1) Rollen und Verantwortungsbereiche, (2) Interprofessionelle Kommunikation, (3) Team und Teamarbeit und (4) Praktische Fertigkeiten. Die vierstündigen Lerneinheiten wurden von interprofessionellen Teams für die beteiligten Ausbildungsgänge – Medizin, Pflege, Physio- und Ergotherapie – mehrmals erfolgreich als extracurriculares Angebot durchgeführt.
Effektiver Ansatz mit großem Bedarf
Die Evaluationsergebnisse aus Fragebögen und Fokusgruppenzeigen ein großes Interesse sowie eine hohe Zufriedenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Weiterer Bedarf an professionsübergreifenden Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten wurde sichtbar.
Als „Lessons learned“ halten die Projektverantwortlichen fest, dass interprofessionelles Lernen Bereitschaft, Ressourcen und Förderung auf allen Ebenen der beteiligten Organisationen braucht. Als herausfordernd erweist sich zudem die inhaltliche und zeitlich-organisatorische Abstimmung der Ausbildungspläne und Curricula der verschiedenen Professionen. Extracurriculare Tutorien seien jedoch ein niederschwelliger, sparsamer und effektiver Ansatz, um das interprofessionelle Lernen zu fördern, wobei weitere Forschung zum Bildungsertrag und zu langfristigen Wirkungen auf die Zusammenarbeit in der Praxis notwendig sei.
In der zweiten Phase des Projektes wurden die interprofessionellen Tutorien in Form von Wahl- und Wahlpflichtangeboten anrechnungsfähig auf die curriculare Lehre gemacht. Hierdurch konnte die Akzeptanz des Angebots weiter erhöht werden.
Rahmenbedingungen:
Die Maßnahme wird durch die Robert Bosch Stiftung im Rahmen des Programms „Operation Team“ von 2013-2015 anteilig aus Projektmitteln gefördert – die erste Förderphase erstreckte sich von 2013-2015, die zweite von 2015-2017. In der zweiten Phase konnten die Tutorien kontinuisiert und im Rahmen von Anerkennungsverfahren eine Verschränkung mit den jeweiligen Curricula erreicht werden. Getragen und initiiert wird INTERTUT vom Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft und dem Prodekanat Lehre der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Kooperationspartner sind die sind die Alice-Salomon Hochschule Berlin, die Evang. Hochschule Berlin und die Gesundheitsakademie der Charité - Universitätsmedizin Berlin mit ihren unterschiedlichen Studien- und Ausbildungsangeboten.
Publikation:
Ewers M, Reichel K (Hg.) (2017): Kooperativ Lehren, Lernen und Arbeiten in den Gesundheitsprofessionen: das Projekt interTUT. Working-Paper No 17-01 der Unit Gesundheitswissenschaften und ihre Didaktik der Charité - Universitätsmedizin Berlin