Mit speziellen Kursangeboten fördert die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) Studierende aus dem Ausland. Hintergrund ist, dass es Gaststudierenden aus dem Ausland oft schwer fällt, die von der Heimatuniversität geforderten 30 Leistungspunkte pro Semester durch die Teilnahme an Kursen aus dem bestehenden Lehrangebot zu erbringen. Das hat verschiedene Gründe:
- Einige Incomings sind zunächst einmal von dem hiesigen diskussions- und forschungsorientierten Lehr- und Lernstil völlig überfordert.
- Viele bringen nicht oder nur z. T. die Voraussetzungen mit, die sie dazu befähigen, die in den regulären Lehrveranstaltungen geforderten Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen. Das gilt auf Bachelorniveau v. a. für das Verfassen von Hausarbeiten
- Sie können Lehrangebote in deutscher Sprache nicht oder nur bedingt wahrnehmen, weil ihre Sprachkenntnisse hierfür (noch) nicht ausreichen.
Das führt wiederum dazu, dass deutsche Universitäten– insbesondere in den stark sprachbezogenen Geistes- und Sozialwissenschaften – für Incomings nur bedingt attraktiv sind, so dass potentielle Interessenten die Idee eines Auslandsstudiums verwerfen oder sich an anderen Angeboten, etwa von skandinavischen Universitäten, orientieren, die ihren Bedürfnissen stärker entgegen kommen. In Folge dessen müssen deutsche Hochschulen darum bangen, dass die bestehenden Austauschabkommen fortgeführt, geschweige denn ausgebaut werden. Von den Kooperationen profitieren nicht nur die ausländischen Studierenden, sondern im Sinne einer „Internationalization at Home" bereichern Studierende aus dem Ausland mit ihren spezifischen Erfahrungen und Perspektiven die jeweiligen Seminare.
Vor diesem Hintergrund bietet die JGU seit dem Wintersemester 2013/14 mindestens zwei Lehrveranstaltungen pro Semester speziell für Incomings an, nämlich das Seminar „The Social Scientist’s View of Germany“ und das Tutorium „Introduction to Academic Work“ in Englisch sowie ein Seminar zu „Deutschland in Vergangenheit und Gegenwart“ mit jeweils wechselnden inhaltlichen Schwerpunkten, etwa zu „Deutschland auf dem Teller – zur Geschichte von Essen und Ernährung“ im Sommersemester 2017, mit begleitendem Tutorium in Deutsch.
Während sich der erste Kurs ausschließlich an Incomings richtet, wird der zweite für gemischte Lerngruppen von Incomings und Studierenden des Faches Geschichte angeboten. In den Seminaren gilt es, ausländischen Studierenden aller Fachbereiche einen breiten Einblick in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur der BRD – aktuell und in historischer Perspektive – zu verschaffen. Dabei wird in besonderem Maß den Herausforderungen Rechnung getragen, die Lehre unter Bedingungen von kultureller Heterogenität bewältigen muss. Das Tutorium dient dazu, die Incomings vertraut zu machen mit den Techniken wissenschaftlichen Arbeitens, insbesondere im Umgang mit der Fachliteratur, bei der Vorbereitung und Präsentation von Referaten und dann v. a. bei der Anfertigung von Hausarbeiten. Die Studierenden erhalten 8 ECTS Leistungspunkte, wenn sie regelmäßig an Seminar und Tutorium teilnehmen, ein Kurzreferat halten, die Klausur bestehen und eine Hausarbeit vorlegen.
Erweitertes Kursangebot
Die Nachfrage nach den Incomings-Lehrveranstaltungen ist vor allem in den Wintersemestern hoch wegen der Vielzahl einsemestriger Studienaufenthalte. In der abschließenden Evaluierung bestätigen die Studierenden mehrheitlich, wie sehr sie es begrüßten, unabhängig vom „eigentlichen“ Studienfach ihren Auslandsaufenthalt durch ein Seminar abrunden zu können, das ihnen einen facettenreichen Einblick in ihr Gastland gibt, und mit Hilfe des Tutoriums ihren Studienerfolg verbessern zu können. Da sich dieses Modell der speziellen Unterstützung von Incomings als sehr erfolgreich erwiesen hat, wird das Kursangebot erweitert.
Im Sommersemester 2017 testete der Fachbereich Sozialwissenschaften, Medien und Sport erstmals ein weiteres Angebotsformat für Incomings: eine englischsprachige Ringvorlesung, in der die Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen des Fachbereichs regulären Studierenden und Incomings ihre aktuellen Forschungsprojekte präsentieren. Die Studierenden aus dem Ausland erwarben durch die regelmäßige Teilnahme und aktive Auseinandersetzung mit ausgewählten Vorträgen 4 ECTS und zeigten sich begeistert von dieser Möglichkeit, in den Forschungsprozess einbezogen zu werden.