Studierende entwickeln Navigationssysteme für Blinde oder ein PR-Konzept fürs Programmkino – das Hochschul-Netzwerk „Bildung durch Verantwortung“ verbindet akademische Inhalte mit wohltätigen Zwecken.
Die Aufgabe hatte es in sich: Eine Kommunikationsplattform im Internet sollten die Studierenden der Wirtschaftsinformatik programmieren. Ein Semester hatten sie dazu Zeit; Auftraggeber war der Politische Salon Essen, eine Initiative, die rund um die Globalisierung informiert. Mit Elan stürzte sich die Gruppe auf die Arbeit, das Projekt wurde rechtzeitig fertig – nicht zuletzt dank der professionellen Anleitung von Professoren der Universität Duisburg-Essen. An etlichen Hochschulen in Deutschland gibt es ähnliche Konzepte: Studierende arbeiten an einem Projekt für eine gemeinnützige Organisation, angeleitet von einem Wissenschaftler aus ihrem Fachbereich und inhaltlich unterstützt von der Institution. Service Learning heißt das Konzept, das in den USA eine lange Tradition hat, aber jetzt auch in Deutschland Fuß fasst.
Tue Gutes, lerne dabei – und Du bekommst dafür Leistungspunkte im Studium. Das ist, knapp zusammengefasst, der Tenor von Service Learning. „Der Bologna-Prozess hat uns da mit reingespielt“, sagt Jörg Miller. Der Pädagoge leitet das UniAktiv-Büro an der Universität Duisburg-Essen. Seit die Studierenden nicht mehr nur Fachkompetenzen anhäufen, sondern sich auch im projektorientierten Arbeiten üben sollen, ist Service Learning ein gefragtes Konzept – und eines, das der häufig beklagten Verschulung von Studiengängen entgegenwirkt. Millers Projekt in Duisburg-Essen ist 2005 als eines der ersten in Deutschland gestartet, mittlerweile haben sich vielerorts ähnliche Ansätze etabliert. Zahlreiche Hochschulen sind im deutschlandweiten Hochschulnetzwerk „Bildung durch Verantwortung“ organisiert, Universitäten ebenso wie Fachhochschulen: neben Duisburg-Essen sind Erfurt, Lüneburg, Mannheim, Osnabrück, Saarbrücken und Würzburg dabei, die Aufnahme der Universität Halle-Wittenberg ist schon beschlossen. Um eigenen Einsatz geht es, um eigene Einblicke. Und genau die vermittelt ein Projekt wie UniAktiv. „Ein Studium zu absolvieren bedeutet ja inzwischen glücklicherweise nicht mehr, einfach nur viel theoretisches Wissen vermittelt zu bekommen“, sagt Jörg Miller. An der Universität in Duisburg-Essen bieten mittlerweile sieben Fachbereiche pro Semester bis zu 15 eigene Seminare aus dem Feld des Service Learning an. „Am wirkungsvollsten lässt sich Service Learning umsetzen“, sagt Jörg Miller, „wenn die gesamte Hochschule an einem Strang zieht.“
Die zentrale Einrichtung vermittelt das didaktische Konzept, Kontakte zu Vereinen oder Organisationen und hilft bei Schwierigkeiten, innerhalb des Projekts haben die Lehrenden und Studierenden aber völlige Freiheit. Deshalb können die Aufgaben passgenau auf den jeweiligen Studiengang zugeschnitten werden – so dass etwa Informatiker komplizierte Webseiten entwickeln, Betriebswirte beim Businessplan helfen und Kommunikationswissenschaftler eine PR-Strategie entwickeln. Wer sich an einem solchen Seminar beteiligt, bekommt dafür Leistungspunkte, die ihn im Studium weiterbringen.
Mehr in Kreative Vielfalt, S. 38, sowie auf den Webseiten des Hochschul-Netzwerks „Bildung durch Verantwortung“.