Das Projekt nexus ist seit dem 30. April 2020 abgeschlossen. Alle Informationen und Texte entsprechen dem Stand zum Projektende und werden nicht weiter aktualisiert. Mit dem Themenbereich Anrechnung und Anerkennung befasst sich das aktuelle HRK-Projekt MODUS und für Studierende die Infoseite AN!.

Die Einheit von Lehren, Lernen und Prüfen: Herausforderungen in der Praxis

10. und 11. Dezember 2018, HAW Hamburg, Berliner Tor 21

Eine studierendenzentrierte Hochschullehre stellt den Lernprozess der Studierenden in den Mittelpunkt und fördert deren eigenverantwortliches Lernen. Auf der nexus-Tagung am 10. und 11. Dezember zum Thema „Die Einheit von Lehren, Lernen und Prüfen – Heraus­forderungen in der Praxis“ an der HAW Hamburg fassten die Teilnehmenden den Begriff deutlich weiter: Studierenden­zentrierung bedeute auch, ­Studierende direkt in die Entwicklung von Lehr- und Prüfungs­formaten einzubeziehen und sich auf Kompetenzen, die diese bereits mitbrächten, sowie auf deren Feedback konstruktiv einzulassen.

In einem Impulsvortrag stellte Dr. Kerrin Riewerts (Universität Bielefeld) unter dem Titel „Lehren und Studieren under construction“ das Konzepts des „Constructive Alignments“, welches eine Harmonisierung von Lernzielen, Prüfungsformaten und Lehr-/Lernmethoden anstrebt, vor. Lehrende, so Riewerts, sollten sich entscheiden, ob sie die Architekten oder Bauleiter ihres „Lehrgebäudes“ sein wollten oder dieses gemeinsam mit ihrem Studierenden gestalten wollten. Wichtig sei aber in jedem Fall Transparenz und das Anpassen an die jeweiligen Erwartungen.

Ein Schwerpunkt der Workshops war die Planung von Lehrveranstaltungen unter Berücksichtigung des „Constructive Alignments“. Dabei wurde deutlich, dass die Entwicklung einer „passenden Prüfung“ deutlich einfacher ist, wenn vorab eine Auseinandersetzung mit den Lernzielen erfolgt. Neue Prüfungsformate seien wünschenswert, jedoch seien hier die Möglichkeiten im „engen Korsett“ der rechtlichen Vorgaben eingeschränkt. Idealerweise wird die Einheit von Lehren, Lernen und Prüfen bereits bei der Studiengangsgestaltung und der Curriculumsentwicklung berücksichtigt. Wichtig sei zudem die Beteiligung von Akteuren auf allen Ebenen der Hochschule. Gute Lehre sei aber immer auch eine Frage der Ressourcen: Lehrende brauchen vor allem Zeit, Support durch qualifiziertes Personal und entsprechende Freiräume. Dies wurde auch im Rahmen der Diskussionsforen am zweiten Tagungstag deutlich.

Ergebnisse und Impressionen

Die ausführliche Darstellung der Impulsvorträge, der Ergebnisse der Workshops und Foren sowie der Impulse aus der Praxis finden Sie im Folgenden oder in der ausführlichen Tagungsdokumentation.



Vortragsfolien, Reflexionen, Abstracts & Ergebnisse

Impulsvortrag

Impulsvortrag: Lehren und Studieren „Under Construction“ – Lehrveranstaltungsplanung nach dem Konzept des „Constructive Alignment“?

Lehren und Studieren "Under Construction" - Lehrveranstaltungsplanung nach dem Konzept des "Constuctive Alignment"?
Dr. Kerrin Riewerts, Universität Bielefeld

Abstract: Gute Lehre ist die Voraussetzung, um Studierende für ihr Fach zu begeistern, sie zu qualifizierten Wissenschaftlern auszubilden oder sie umfassend auf Berufsfelder außerhalb der Hochschule vorzubereiten. Heutzutage wird von den zukünftigen Akademikern verlangt, auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse Entscheidungen zu fällen und Argumente kritisch abzuwägen. Sie sollten Problemlösestrategien einsetzen können, ihr Handeln reflektieren und Verantwortung dafür übernehmen. Wie kann gute Lehre gestaltet sein, sodass Studierende diese Ziele erreichen?

Hilfreich bei der Planung und Umsetzung von Lehrveranstaltung kann das hier vorgestellte didaktische Konzept des „Constructive Alignment“ (CA) sein. Ausgehend von der Frage, was die Studierenden am Ende einer Lehrveran­staltung wissen, welche Fähigkeiten und Kompetenzen sie entwickelt haben, werden die Lernziele formuliert. Daran anknüpfend werden die passenden Lernaktivitäten geplant, mit denen die Studierenden die zu erwartenden Lernziele einüben können. Anschließend werden darauf abgestimmte Prüfungen so konzipiert, dass die Studierenden zeigen können, wie sie die Lernziele erreicht haben. Für eine qualitativ hochwertige Lehre ist insbesondere die Gestaltung von Prüfungen in vielfacher Hinsicht ausschlaggebend, da diese das Lernen der Studierenden maßgeblich beeinflusst. Es wird gezeigt, wie wir an der Universität Bielefeld aufbauend auf dem CA von Biggs & Tang Lehrveranstaltungs­planung umsetzen.

Reflexion: (Carolin Müller & Laura Geus)
Kerrin Riewerts stellte in ihrem Vortrag folgende Fragen in den Vordergrund: Was wird von Hochschulabsolventen heutzutage verlangt und erwartet? Welche Ziele hat die jeweilige Lehrveranstaltung? Welche Rolle wollen die Lehrenden dabei einnehmen? Bei der Strukturierung und Planung von Lehrveranstaltungen kann das didaktische Konzept des „Constructive Alignment“ (CA) Lehrende unterstützen. Hierbei werden Lernziele der Veranstaltung definiert, passend dazu Prüfungsszenarien entwickelt und daran angepasste Lehr-/Lernformate eingesetzt. Kerrin Riewerts appellierte, dieses Konzept unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen einer Lehrveranstaltung zu sehen: Das Vorwissen der Studierenden, die Lehrkultur der Fachdisziplin, Prüfungsbedingungen und die Anzahl der Studierenden sind einige Aspekte, die den (rechtlichen) Rahmen einer Lehrveranstaltung definieren. Das Schaffen von Transparenz kann allen am Lernprozess beteiligten Akteuren Orientierung geben und dient zudem dem Abgleich der Erwartungen an die Lehrveranstaltung sowie ihrer Ziele. Wer Lehre als wandelnden und sich kontinuierlich verbessernden Prozess auffasst, kann das Konzept des CA auch zur Evaluation und Qualitätskontrolle der eigenen Lehrveranstaltung nutzen. In ihrem Vortrag zeigte Kerrin Riewerts einige Beispiele auf, in denen ein „Missmatch“ innerhalb des Dreiklangs von Lernziele, Prüfungsszenarien und Lehr-/Lernmethoden bestand. Bei der Formulierung von Lernzielen orientiert sich die Universität Bielefeld an dem Modell nach D. Fink. Dieses untergliedert Lernziele in sechs Dimensionen und verbindet den kognitiven Bereich mit sozialer und persönlicher Kompetenzentwicklung, die sich gegenseitig beeinflussen. ­Prüfungen, welche die Erreichung der Lernziele nachweisen, sollen messbar und konzeptionell in den Gesamtstudiengang eingebettet sein. Die Gestaltung der Lehr-/Lernmethode sollte darüber hinaus nach Kerrin Riewerts ebenfalls den pädagogischen Konstruktivismus nicht außer Acht lassen – Lernen wird intensiver erlebt, wenn an bereits bestehendem Wissen angeknüpft werden kann.

Bei der anschließenden Diskussion wurde das Modell von D. Fink zur Formulierung von Lernzielen aufgegriffen und diskutiert: Wie kann eine angemessene Allokation der sechs Dimensionen in den Lernzielen vorgenommen und geprüft werden? Darüber hinaus wurde im Plenum hervorgehoben, dass bei der Planung des Studiengangs passende Prüfungsformate auf allen Stufen mitgedacht und die Partizipation der Studierenden ebenfalls berücksichtigt werden sollten.

Workshops: Lehren, Lernen und Prüfen in den ...

Ingenieur­wissenschaften

Impuls - Workshop Ingenieur­wissenschaften
Prof. Dr. Christian Kautz
, Technische Universität Hamburg
Prof. Dr. Peter Riegler, Osfalia Hochschule für Angewandte Wissenschaften

Abstract: Lehren ist eine anspruchsvolle und komplexe Tätigkeit. Lehre verfolgt nicht nur fachliche Ziele, sondern vermittelt auch überfachliche und soziale Fertigkeiten und trägt (gewollt oder ungewollt) zur Persönlichkeitsentwicklung Studierender bei. Lehre soll Lernen ermöglichen und zusammen mit Prüfungen steuern. Dem stehen Herausforderungen gegenüber: Die Zeit zum Erreichen der Lernziele scheint häufig zu knapp. Große Teilnehmerzahlen, gerade in technischen Disziplinen, lassen „Frontalvorlesungen“ unausweichlich erscheinen und erfordern ökonomische ­Prüfungsformen. Diese werden nicht immer den Zielen gerecht und sind zudem häufig prüfungsrechtlich reglementiert. Dabei spielen Prüfungen im Hochschulstudium eine wichtige Rolle, nicht nur als Nachweis von erworbenen ­Fähigkeiten, sondern eben auch zur ­Steuerung des Lernens. In diesem Workshop geben wir den Teilnehmern Gelegenheit, Lernziele, Lehr-/Lernmethode und Prüfung in ihrer Fachdisziplin aufeinander abzustimmen, um Lernen zu steuern und die Wirksamkeit der eigenen Lehre zu erhöhen.

Ergebnisse (Carolin Müller): In diesem Workshop wurden zunächst in Kleingruppen und anschließend im Plenum folgende Fragen diskutiert: ­Warum sollten Lehrende überhaupt mit Lernzielen arbeiten? Welche Funktionen können Lernziele haben? Als Gründe wurden unter anderem Transparenz, Anreiz und Motivation sowie ein roter Faden für die Veranstaltung aufgeführt. Die anschließende Gruppenarbeitsphase baute auf einem kurzen Impulsvortrag auf, bei dem auf die Beschreibung von Lernzielen und die Verwendung von Taxonomien eingegangen wurde. Es wurde festgehalten, dass bestimmte Verben, die bei der Beschreibung von Lernzielen verwendet werden, eine Affinität zu bestimmen Taxonomiestufen haben und vor allem soziale und persönliche Kompetenzziele schwer zu beschreiben seien. Mit Hilfe einer Lernzielmatrix, welche vier Dimensionen (fachlich, methodisch, sozial, persönlich) berücksichtigt, wurden Lernziele einer bestimmten Lehrveranstaltung unter Berücksichtigung der Taxonomie­stufen formuliert. Mit den zwei herausforderndsten Lernzielen wurden dann Prüfungsszenarien sowie Lehr-/Lernmethoden in Kleingruppen gestaltet. Dabei wurde in den Gruppen an­gemerkt, dass die Entwicklung von Prüfungsszenarien für fachliche und methodische Lernziele häufiger einfacher sei als für soziale oder persönliche Lernziele. Daraufhin wurde diskutiert, welche Lernziele überhaupt geprüft sowie be­wertet werden sollten und wie viele Prüfungen in einem Curriculum effizient sind.

Die abschließende Diskussion zeigte, dass einige Heraus­forde­rungen bei der curricularen Implementierung des „­Constructive Alignments“ bestehen. Häufig ist es schwierig alle Akteure zusammenzubringen, um das Curriculum kooperativ abzustimmen, denn die einzelnen Lehrveranstaltungen stehen im Bezug zur ­Gesamtstudiensystematik. Ebenso stehen neue Prüfungsformate und Lehr-/Lernmethoden in einem engen Korsett rechtlicher Vor­gaben, sodass eine Umsetzung erheblichen Mehraufwand bedeuten kann. Daher wären Freiräume zum Erproben neuer Modelle wünschenswert und unabdingbar.

Wirtschafts­wissenschaften

Impuls - Workshop Wirtschafts­wissenschaften
Prof. Dr. Petra Naujoks
, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
[Prof. Dr. Christian Decker, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg]

Abstract: Im Workshop wurden im gemeinsamen Diskurs die praktischen Herausforderungen bei der Umsetzung einer kompetenzorientierten Lehre im Sinne des „Constructive Alignment“ erörtert. Als gemeinsame Grundlage diente das Konzept der akademischen Kompetenzorientierung. Nach jeweils kurzen Phasen der begrifflichen und konzeptionellen Klärung sowie der gemeinsamen Analyse und Erörterung von Fallbeispielen wendeten die Teilnehmer die gewonnenen Erkenntnisse auf ihre eigenen Lehrveranstaltungen an. Die praktische Arbeit diente als Basis für die gemeinsame Diskussion und Reflexion der Möglichkeiten einer akademischen Kompetenzorientierung im Bereich der Wirtschafts­wissenschaften. Gerade weil es „die“ Wirtschafts­wissenschaften nicht gibt, wurden die verschiedenen fächerspezifischen Perspektiven auf die Einheit von Lehren, Lernen und Prüfen gemeinsam erarbeitet. Die Ergebnisse zeigen die Möglichkeiten und Grenzen der akademischen Kompetenzorientierung auf, so dass diese am zweiten Konferenztag für die weiteren Diskussionsstränge zur Verfügung standen. In einem optionalen Schritt konnten zudem (erste) Ideen für die Entwicklung von institutionellen Strategien zwecks Beförderung einer Einheit von Lehren, Lernen und Prüfen gesammelt werden.

Ergebnisse (Laura Geus): Im Rahmen des Workshops Wirtschafts­wissenschaften wurde die Anwendung und Umsetzung des „Constructive Alignments“ (CA) an einem Fallbeispiel aus dem Bereich „Kostenrechnung“ begleitend erläutert, innerhalb von Kleingruppen anhand eigener Beispiele praktisch erprobt und hierüber eine spannende Diskussion geführt. Nach Klärung der wesentlichen Begrifflichkeiten wurde auch im Rahmen der Kleingruppenarbeit deutlich, dass die Formulierung von passenden und „trennscharfen“ Learning Outcomes mit einer klaren und eindeutigen taxonomischen Einordung häufig die größte Hürde bei der Umsetzung des CA darstellt. Hilfestellung leistete hierbei unter anderem die Formulierungsregel „Wer kann was womit wozu?“ (in Anlehnung an Oliver Reis). Learning Outcomes müssten zum einen ein beobachtbares Verhalten darstellen und gleichzeitig auch überprüfbar sein. Ob bei Erreichen oder Bestehen einer ­(höheren) Taxonomiestufe implizit angenommen werden kann, dass auch die jeweils darunterliegenden Taxonomie­stufen hierdurch erreicht würden, wurde kontrovers diskutiert. Darüber hinaus wurde erläutert, wie die formulierten Lernergebnisse auf Basis der verschiedenen Taxonomiestufen auch bei der Prüfungsbewertung sinnvoll eingesetzt werden können. Durch die Einordnung der Lernergebnisse in ein Niveaustufenmodell kann klar definiert werden, welche Mindeststandards gerade zum Bestehen einer Prüfung ausreichen (Was sollten die Studierenden mindestens können?) und wie die jeweilige Aufgabe bestenfalls zu lösen ist. Insgesamt wurde im Rahmen des Workshops deutlich, dass das Konzept „Constructive Alignment“ einen guten Orientierungsrahmen liefert, wie man kompetenzorientierte Lehre – auch in den Wirtschafts­wissenschaften – ­gestalten kann. Es handelt sich hierbei jedoch lediglich um ein Grundgerüst, welches zahlreiche individuelle Gestaltungsspielräume - sowohl bei der Wahl der passenden Lehrformate als auch bei der Prüfungsgestaltung - zulässt. Es herrschte überwiegend Einigkeit unter den Teilnehmern, dass eine „­passende“ Prüfung einfacher gestaltet werden könnte, wenn bereits vorab eine gründliche Auseinandersetzung mit den zu erreichenden Lernzielen ­erfolgt ist. 

Gesundheits­wissenschaften

Impuls - Workshop Gesundheits­wissenschaften
PD Dr. med. Gerald Braun, Universitätsklinikum Aachen

Abstract: Nach Abschluss des Workshops sollen die Teilnehmer in die Lage versetzt sein, das Prinzip des „­Constructive Alignments“ sicher und selbständig zur Gestaltung eigener Lehrveranstaltungen im Gesundheits­bereich anzuwenden. Das Vorgehen besteht hierbei in der konsequenten Aufeinanderabstimmung der drei Elemente Lernziel, Lehrformat und Prüfungsformat. Im Gesundheitsbereich ermöglicht dies eine produktive Fokussierung zur Vermeidung von Ebenen­vermischung und Überfrachtung, denn gerade hier sind hier die Herausforderungen groß: relevante Lerninhalte können sowohl kognitiv (Fachwissen), psychomotorisch (manuelle Tätigkeiten) als auch affektiv (Interaktion z. B. mit Patienten) sein, ferner bestehen Kompetenzhierarchien vom anfänglichen Verstehen bis zum selbständigen Anwenden und es herrscht eine inhaltlich hohe Lehrverdichtung. Zum persönlichen Gelingen des Workshops wurde jeder Teilnehmer gebeten, im Vorfeld vorbereitend aus der persönlichen beruflichen Tätigkeit mindestens eine, jedoch idealerweise zwei in der Planung anstehende Lehrveranstaltungsauftragsstellungen mitzubringen. Hierzu sollte jedem das Lernziel und die Zielgruppe klar sein. Es könnte sich um 5- bis 60-minütige Formate handeln. Das vorzubereitende Lernziel lässt sich besonders gut strukturieren, indem man es an den Kriterien SMART misst: Specific, Measurable (messbar), Attainable (erreichbar), Relevant, Timebound (zeitlich klar umrissen: wie lange, bis wann). Dies sowie die beiden weiteren Elemente des Prüfungs- und des Lehrformates wurden dann in begleiteter Einzelarbeit von den Teilnehmern über die zwei 90-minütigen Sitzungen erarbeitet und im Anschluss in der Gruppe besprochen.

Ergebnisse (Christian Schmollinger): Nach einer Einführung in das „Constructive Alignment“ (CA) durch Dr. Braun ging es für die Workshop-Teilnehmenden darum, Problemstellungen aus ihrer eigenen Praxis in Kleingruppen zu bearbeiten. Hierzu wurden eigens von den Teilnehmenden mitgebrachte Sachverhalte, wie Modulprüfungen, Konzepte für Vorlesungen/Seminare oder auch ganze Modulbeschreibungen zuerst einzeln, dann in Kleingruppen bearbeitet. Zum Abschluss wurden die jeweiligen Ergebnisse im Workshop-Plenum vorgestellt und diskutiert. Gerade hierbei war es von Vorteil, im Workshop eine interdisziplinäre Gruppe aus Vertretern der Bereiche Medizin, Pflege, Therapie und auch der Grundlagenfächer aus diesen Disziplinen, mit dabei zu haben. So konnten verschiedene Herangehensweisen, Standpunkte und Ansichten gegenseitig vorgestellt und diskutiert werden. Auch profitierten die Teilnehmenden von den verschiedenen Niveaus, die es innerhalb der Gruppe gab. „Neulinge“ konnten sich mit den „Fortgeschrittenen“ abgleichen, ebenso wurden die „Fortgeschrittenen“ mit Grundsatzfragen konfrontiert, die es galt zu überprüfen. Für eine weitere Veranstaltung wurde angeregt, die Teilnehmergruppen auch nach Niveaustufen einzuteilen.

Im Folgenden werden einige Anregungen, Ergebnisse und Fragen aus dem Workshop zusammengefasst:

  • Was sind „echte“ alternative Prüfungsformen für CA? (Müssen die Lernergebnisse in einer Klausur abgeprüft werden?)
  • Es muss eine bestimmte Haltung zur Lehre vorhanden sein, um kompetenzorientierte Lehre konzipieren zu können/wollen. Hierzu muss vielerorts ein Kulturwandel in den Lehrteams erfolgen.
  • Problematisch sind in der Prüfungsordnung festgelegte Prüfungsformen, wenn man ein Modul mit CA neu konzipieren will.
  • Um einen kompetenzorientierten Studiengang konzipieren zu können, bedarf es einer Vielzahl an „Schultern“, auf die man die Aufgabe verteilen muss.
  • Die Gestaltung der Lehre und der Prüfungen muss für die Studierenden transparent sein.
  • Speziell in den pflegerischen und therapeutischen Studiengängen besteht ein Problem in der Bindung an die Ausbildungsordungen bzw. Berufsgesetze, dies birgt vor allem zeitliche Hürden bei der Konzeption von Studiengängen.
  • Wenn Studiengänge mit dem CA konzipiert werden, werden diese nicht zwangsläufig interdisziplinär, und wenn alle Module kompetenzorientiert gestaltet sind, ist ein Studiengang dann überhaupt noch studierbar, was den zeitlichen Aufwand für Lehre, Lernen und Prüfungen angeht?
Sozial­wissenschaften

Impuls - Workshop Sozial­wissenschaften
Prof. Dr. Niclas Schaper, Universität Paderborn

Abstract: Um eine kompetenzorientierte Gestaltung von Lehre und Studiengängen zu realisieren, gilt es verschiedene Prinzipien bei der Planung des Studiengangs, der Module, der Lehrveranstaltungen sowie der konkreten Lehreinheiten zu berücksichtigen. Zentral ist dabei das „Constructive ­Alignment-Konzept“. Die Umsetzung dieses Konzepts, das auf den ersten Blick relativ unkompliziert erscheint, stellt Studiengangsplaner und Lehrende aber tatsächlich vor eine Reihe von Herausforderungen, die nicht trivial sind. Der Workshop gab einen Überblick zu grundlegenden ­Konzepten und „Tools“, die bei der Curriculumkonzeption und Planung von Lehrveranstaltungen zur Umsetzung eines „Constructive Alignments“ sowie kompetenzorientierter ­Prüfungen und Lehrmethoden zu beachten sind. Dabei wurde explizit auf Anwendungsbeispiele und -probleme aus sozialwissenschaftlichen Studiengängen Bezug genommen. ­Konkret wurde auf die Formulierung von kompetenzorien­tierten Lernzielen/-ergebnissen als Grundlage der Curriculum- bzw. Lehrplanung sowie das Vorgehen beim Herleiten darauf bezogener kompetenzorientierter Prüfungsformate und Lehr-/Lernaktivitäten im Sinne des „Constructive ­Alignments“ eingegangen. Anschließend wurden diese Konzepte im Rahmen einer Gruppenarbeit anhand von vorgegebenen ­Beispielen selbst umgesetzt und erprobt. Abschließend wurden vor dem Hintergrund der dabei ­gemachten ­Erfahrungen Herausforderungen, Erfolgsfaktoren oder weitere Fragen in Zusammenhang mit diesem Ansatz ­gemeinsam erarbeitet.

Ergebnisse (Peter Zervakis): Die Gruppenarbeitsphase stand in direktem Bezug zur Ausgangsthese des Einführungsvortrags, wonach Kompetenz­­orientierung ein Entwicklungsprozess ist, der nur partizipativ zu gestalten ist. Die Vergleichbarkeit der Lehre ist eine Fiktion, denn diese muss immer individuell und abhängig vom jeweiligen Lehrenden sein. Daraus leiten sich vier Merk­nägel zur Curriculumsentwicklung ab:

  1. Studiengang immer vom Ende her denken (Qualifikationsprofil)
  2. Grad der Regelungsdichte in den Curricula beachten
  3. Organisationsentwicklung berücksichtigen
  4. Lehre inhaltlich konsistent machen

Die Ergebnisse der Gruppenarbeit führten zu typischen, fachübergreifenden Umstellungsherausforderungen als Folge der curricularen Implementation des Konzepts des „Constructive Alignment“ (CA):

  1. Die Lehrenden sollten sich schrittwiese mit dem CA auseinandersetzen, denn die vorgestellten Ansätze werfen typische Fragen v.a. im Hinblick auf die didaktische Planung von Lehrveranstaltungen auf.
  2. Das CA hilft mit einer kompetenzorientierten Sicht auf die curriculare Planung; es kann nur schrittweise erfolgen, denn dabei geht es um einen komplexen Prozess mit unterschiedlichen Aspekten, die zu berücksichtigen sind. Anknüpfungspunkt ist die Formulierung geeigneter Learning Outcomes (LO), die verknüpft und ausgewertet werden müssen.
  3. Bei der Prüfungsplanung sind zu berücksichtigen:
  • Aufwand der Prüfung (mündlich vs. schriftlich bzw. E-Prüfung)
  • Fairness der Prüfung: Diversitätsgerechtigkeit des Formats ist zu beachten
  • Fachübergreifende Fähigkeiten (bewerten/formativ; Reflexion/metakognitiv): Was passt zu meiner Zielgruppe?
  • Wie kann das eigene Konzept in überregelter Curriculumsplanung Anwendung finden, um die didaktischen Oberziele zu erreichen?
  • Einzelne Lehrveranstaltung (LV) muss Bezug zur Gesamtstudiensystematik aufweisen: Wie bringe ich die ­Lehrenden dazu, das zu berücksichtigen?
  • Studiengangsplanung immer als kooperativen Prozess fördern.
  • Allerdings besteht die Gefahr der „Verregelung“ der Curricula, daher kommt es auf ein funktionierendes ­hochschulweites Qualitätsmanagement an.

Thesen aus den Workshops

Ingenieur­wissenschaften

  • Fachliche Lernziele sind einfacher formulier- und prüfbar; sozial und persönliche Lernziele sind besonders schwer zu formulieren und abzuprüfen
  • Was müssen / sollten wir alles bewerten und prüfen? Wie viele Prüfungen sind effizient?
  • Neue Prüfungsformate stehen im Korsett der rechtlichen Vorgaben – neue Prüfungsformate wären wünschenswert (bspw. Versuche durchführen) oder muss das Rechtssystem lernen?

Wirtschafts­wissenschaften

  • Wenn vorab eine Auseinandersetzung mit Lernzielen erfolgte, ist es einfacher eine „passende Prüfung“ zu entwickeln.
  • Es ist schwierig, sich nur auf eine Taxonomiestufe festzulegen und fraglich, ob es sinnvoll ist.
  • Sollte man Schlüsselkompetenzen fachbezogen oder fächerübergreifend lehren & prüfen?

Medizin / Gesundheits­wissenschaften

  • Problem: wie geht selbstgesteuertes Lernen /Zielformulierung durch Lernende mit dem Constructive Alignment?
  • Was sind „echte“ alternative Prüfungsformate für das Constructive Alignment?(oder muss es eine Klausur sein?)
  • Haltung zur Lehre muss vorhanden sein / Kulturwandel in Lehrteams ermöglichen?

Sozial­wissenschaften

  • Aufwand (mündlich vs. Schriftlich) und Fairness, sowie Diversitätsgerechtigkeit des Formats beachten.
  • Berücksichtigung fächerübergreifender Fähigkeiten: Was passt zu meiner Zielgruppe?
  • Wie bringe ich Lehrende dazu, die einzelne Lehrveranstaltung in Bezug zur Gesamtstudiensystematik zu berücksichtigen?

Fächerübergreifende Diskussionsforen

Die Entwicklung von Studium und Lehre in Hochschulen geschieht im Zusammenwirken mehrerer Akteursgruppen: die Lehrenden, die Führungsebene und das Qualitätsmanagement sowie der Hochschuldidaktik. Entwicklungs­prozesse für die Lehre können vor allem durch die Verständigung, Kommunikation und Zusammenarbeit dieser Akteursgruppen gemeinsam mit ihrer Umwelt (Studierende und weitere Stakeholder) praxistauglich und nachhaltig implementiert werden. Daher orientierten sich die fächerübergreifenden Diskussionsforen an den unterschiedlichen Betrachtungswinkeln dieser Akteursgruppen: Welche Bedürfnisse und Bedarfe haben die jeweiligen Akteure? Welchen Herausforderungen stehen sie gegenüber? Wer braucht welche Unterstützung von wem, um gute Lehre im Sinne des „Constructive ­Alignments“ innovativ weiterzuentwickeln?

Forum A - Aus dem Blickwinkel der Lehrenden

Moderation: Prof. Dr.-Ing. Jutta Abulawi, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg

Protokoll (Carolin Müller): Im Forum A standen vor allem zwei Fragen im Vordergrund der Diskussion: Wo können Lehrende Einfluss nehmen, um die Umsetzung der Einheit von Lehre, Lernen und Prüfen ­umzusetzen und wo brauchen Lehrende vielleicht ­Support? Zunächst wurden die Fragen und Thesen aus den Workshops des ersten Tagungstags aufgegriffen. Die Teilnehmer bewegte unter anderem die Herausforderung, bei kompetenzorientierten Prüfungsformaten auch per­sönliche und soziale Lernziele zu berücksichtigen. Die Diskussion zeigte, dass diese Lernziele jedoch nicht einfach abzuprüfen sind und bei der Wahl des Prüfungsformats der gesamte ­Studiengang betrachtet werden sollte, um die Studierenden nicht mit häufigen Prüfungs­szenarien zu überlasten.

Auch die Digitalisierung bringt Veränderungen mit sich, auf die Hochschulen reagieren müssen: Digitale Medien sollten unter anderem genutzt werden, um Wissen zur Verfügung zu stellen und anschließend in Peer-Gruppen an den Hoch­schulen oder auch in virtuellen Teams kollektiv zu lernen. Qualitätsinstrumente und rechtliche Rahmenbedingungen, wie Lehrverpflichtungsverordnungen oder Prüfungsord­nungen, schnüren ein enges Korsett um die Lehrenden, ­sodass eine starke Ambivalenz zwischen dem Aufwand und dem Angebot alternativer Lehr-/Lern- und Prüfungsformate zu spüren ist: Wer Neues anbieten will, muss zunächst viele Ressourcen aufbringen, die häufig nicht durch das Lehr­deputat abgedeckt sind. Daher benötigt es personeller Unterstützung, beispielsweise durch didaktisch geschultes Personal, und Anreize sowie Freiräume für gute Lehre – vor allem auch für Neuberufene. Netzwerke innerhalb der Hochschule – aber auch hochschulübergreifende – bieten Möglichkeiten zum Austausch über gute Lehre.

Forum B - Aus dem Blickwinkel der Hochschulleitung

Moderation: Prof. Dr. Thomas Hoffmeister, Universität Bremen

Protokoll (Laura Geus): Wie die Umsetzung der geforderten Einheit von Lehren, Lernen und Prüfen auf der Ebene einer einzelnen Lehrveranstaltung oder im Rahmen eines Moduls erfolgen kann, wurde unter anderem in den Workshops am ersten Tagungstag aufgezeigt und anhand spezieller Beispiele erprobt. Doch wie stehen die in den einzelnen Lehrveranstaltungen und Modulen formulierten Kompetenzziele im Verhältnis zum gesamten Studiengang? Und wie kann ein gesamtes Curriculum nach den Prinzipien des „Constructive Alignments“ konzipiert werden, welches die Gesamtheit der Kompetenzen eines Studienganges sinnvoll abbildet? Diese Fragen wurden im Rahmen des Forums aus der Perspektive der Hochschulleitung kontrovers diskutiert. Die Teilnehmer des Forums waren sich weitestgehend einig, dass ein ­Curriculum im besten Falle so gestaltet sein sollte, dass es den Studierenden über das gesamte Studium hinweg in einer sinnvollen und aufeinander aufbauenden Reihenfolge ermöglicht, wesentliche fachliche und überfachliche Kompetenzen zu erwerben. Bei der praktischen Umsetzung an den Hochschulen bestehe eines der Hauptprobleme allerdings in den teils „sehr lose nebeneinanderstehenden Modulen“ einzelner Studiengänge. Die Herausforderung bestehe folglich darin, die einzelnen Module im Studienverlauf stärker und besser aufeinander abzustimmen. Um eine in sich konsistente und an Kompetenzen orientierte Studienganggestaltung, die auch den Prinzipien des „Constructive Alignment“ folgt, an der Hochschule umzusetzen, sei in einem ersten Schritt ein „Mapping“ der Kompetenzen erforderlich, die der Studiengang in seiner Gesamtheit abbilden soll. Zudem sei es wichtig, die Ebenen der Lehrveranstaltungen, der Module und des Studienganges in der Gesamtheit zu betrachten. Um dies in der Praxis der Hochschulen umzusetzen können, könnten beispielsweise regelmäßige „Curriculumskonferenzen“ abgehalten werden, in deren Rahmen – unter Einbindung Studierender – die Prüfungsbelastung und „Studierbarkeit“ (das Nebeneinander der Module) evaluiert würden. Eine Mischung aus formativen und summativen Prüfungsformaten (Diversität der Prüfungsszenarien) könne darüber hinaus eine Entlastung für die Studierenden bedeuten und so die „Studierbarkeit“ der jewei­ligen Studiengänge fördern. Hätten die Studierenden bereits im Laufe des Semesters die Möglichkeit, notwendige Creditpunkte zu sammeln (formative Prüfungen), würde dies bei ihnen zudem zu mehr ­Planungssicherheit führen und ihnen möglicherweise die Angst vor einem Nicht-Bestehen der Prüfungen am Ende eines Semesters nehmen.

Insgesamt bestand weitestgehend Konsens, dass es an den Hochschulen kaum strukturelle Vorgaben gebe, die festlegten bzw. Orientierung lieferten, wie der Prozess der Curriculumsgestaltung idealerweise ablaufen sollte. Hier seien insbesondere die Leitungsebenen gefordert, die jeweiligen Studiengänge und deren ­Gestaltungsprozesse mit entsprechenden Strukturen auszustatten. Dies erfordere gerade im Rahmen der Curriculums­entwicklung eine stärkere „top-down“-Steuerung.

Forum C - Aus dem Blickwinkel der Hochschuldidaktik

Moderation: Dr. Birgit Szczyrba, Technische Hochschule Köln

Protokoll (Christian Schmollinger, Dr. Peter A. Zervakis): Die „lernende Hochschule“ verwandelt im Sinne ihrer Leistungsfähigkeit im Kernprozess Lehre das bisherige Spannungsverhältnis zwischen den unterschiedlichen Perspektiven ihrer drei wesentlichen Akteursgruppen Hochschul­leitung, Lehrende und Hochschuldidaktiker in eine kontinuierliche Kooperation: Hochschulleitungen verantworten dabei die Entscheidungen im institutionellen und strategischen Rahmen, die Qualitäts­sicherung und das Profil nach außen. Lehrende verantworten ihre fachbezogene Lehre im Studienbetrieb. Die Lehre kontinuierlich nach neuesten Erkenntnissen und Reformerfordernissen weiterzuentwickeln und die volle Verantwortung dafür zu übernehmen, schafft jedoch keine der beiden Seite allein. Die Hochschuldidaktik als „Prozesspro­motor“ gibt Impulse aus fachübergreifender und fachbezogener Perspektive, forscht, begleitet, vermittelt und gestaltet Reflexionsplattformen für den wissenschaftlichen Austausch über Lehre. So entsteht eine Mehr-Perspektivität auf Lehren, Lernen und Prüfen mit dem Ziel der kontinuierlichen ­Lehrentwicklung aus:

  • Fachspezifischer Sicht
  • Lehrendenperspektive (curriculare Planung und Prüfungsvorbereitung, Prüfungsordnungen), unabhängig von Fachkultur
  • Habitueller Perspektive (Profession, Berufsgruppe)
  • Sozialer Perspektive (Interaktionsgestaltung mit Studierenden)
  • Gesellschaftlicher Perspektive (Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Diversity-Management)
  • Kommunikativer Perspektive (gute Lehre im „Constructive Alignment“ als kollegiale Leistung in Studiengängen braucht Teamgeist, Austausch, Engagement)

„Constructive Alignment“ unterliegt in seiner Anwendung keiner fachspezifischen bzw. fachkulturellen Festlegung. Ausnahmen bilden hier unter Umständen die Erziehungswissenschaften, in der LO-Orientierung disziplinärer Gegen­stand ist, und die Sozial­wissenschaften, die Lernziele mit kritischer Offenheit verbinden. Eine perzipierte Grund­spannung zwischen der eigenen ­Fachidentität von Lehrenden gegenüber der fachübergreifenden Hochschuldidaktik ist in Fächern zu finden, die für das Prüfen von Fachkompetenzen ohne Berücksichtigung persönlicher und sozialer Kompetenzen eintreten (z. B. in technischen Fächern). In Studiengängen, die sich auf Grundlagen stützen, wie die Ingenieur- und Naturwissenschaften, lässt sich beob­achten, dass sich das fachübergreifende Kompetenzparadigma u.a. wegen Kommunikationsproblemen, heterogenen Studierenden ohne akademischen ­Habitus, enger Rechtsrahmen, der Benotung von Studienleistungen erst langsam durchsetzt. Veränderungen in der Lehre sind abhängig von der Hinwendung zum Studierenden (Erwartungshaltung: reflexive ­Studierende mit Fachexpertise). Die ­Interaktion zwischen Prüfenden und heterogenen Studierenden lässt personelle und soziale Kompetenzen neben Fach­kompetenzen wichtiger werden mit der Folge, dass einige Fächer den Inter­aktionsbezug, andere den Fachbezug betonen. Lehre ist folglich eine ständige Baustelle, eine Kunst, ist erschöpfend (wg. limitierender Rahmenbe­dingungen), ein spannendes Experiment (man darf auch scheitern), ist ein Fluss.


Impulse aus der Praxis der Hochschulen

Das Q-Programm der Humboldt-Universität zu Berlin

Das Q-Programm der Humboldt-Universität zu Berlin
Wolfgang Deicke, Humboldt-Universität zu Berlin, bologna.lab

Abstract: Ein wesentlicher Kritikpunkt an der ­Bologna-Reform war, dass die Verdichtung der neu eingeführten Bachelor­curricula die Wahlmöglichkeiten der grundständigen Studierenden erheblich reduzierte und Studierende ­künftig erst im Master­studium mit Forschung in Berührung kämen. Mit dem HU-Q-Programm schafft die Humboldt-­Universität im Rahmen des Qualitätspakts Lehre seit 2012 ­Freiräume für eigenständige studentische Forschung bereits im Bachelor. In drei verschiedenen Formaten können sich Studierende, Nachwuchswissenschaftler und Hochschullehrer mit eigenen Forschungsprojekten bewerben: Q-Tutorien (für Studierende), Q-Teams (für Nachwuchswissenschaftler) und Q-Kollegs (für Hochschullehrer mit internationalen Forschungspartnern). Alle drei Formate basieren auf dem Konzept des Forschenden Lernens, verfolgen jedoch leicht unterschiedliche Ziele: geht es bei den studen­tischen Q-Tutorien vorrangig um die Entwicklung des Forschungsinteresses, stehen bei den Q-Teams die Mitarbeit in laufenden Forschungsvorhaben und bei den internationalen Q-Kollegs erste Erfahrungen von Unterschieden in Forschungstraditionen und -kulturen im Mittelpunkt. Die erfolgreichen Projektanträge erhalten im Projekt bologna.lab eine didaktische Vorbereitung auf Lehre im Format des Forschenden Lernens und werden in der Umsetzung ihrer Projekte unterstützt und begleitet. Seit 2012 hat das bologna.lab 175 Q-Tutorien, 106 Q-Teams und 24 Q-Kollegs mit ca. 2.950 Teilnehmern organisiert.

"From Zero to Hero" - Portfolioprüfungen im interdisziplinären Studiengang

"From Zero to Hero" - Portfolioprüfungen im interdisziplinären Studiengang
PD Dr. rer. nat. Amir Madany Mamlouk, Universität zu Lübeck

Abstract: Die Bioinformatik ist ein hoch interdisziplinäres Feld, welches sich naturgemäß nur unzureichend klassisch summativ prüfen lässt. In dem hier vorgestellten Projekt „From Zero to Hero“ geht es allerdings um mehr als nur die Prüfbarkeit. Vielmehr geht es um die Frage, wie Lernräume geschaffen werden können, in denen sich die Studierenden nicht gestresst, sondern inspiriert fühlen. Mit einem Raumklima, in dem Begeisterung für Wissenschaft ent­stehen kann und möglichst kein Frust: Statt einer Klausur ergibt sich die Endnote aus Erfahrungspunkten (XPs), die – wie in einem Computerspiel – semester­begleitend im Online-System erarbeitet werden können. Ergänzend dazu gibt es studierendenzentrierte Forder- und Förderlinien, sogenannte Lerninseln, die allen Studierenden die Möglichkeit geben, eigene Schwerpunkte zu einem vorgegebenen Thema zu setzen – und das online, rund um die Uhr. Im Wintersemester 2017 wurde an der Universität Lübeck eine Vorlesung zur Bioinformatik erstmals komplett mittels dieses Punktesystems unterrichtet, ermöglicht durch eine entsprechende Ergänzung der Lübecker PVO um eine Portfolio-­Prüfung. Die Studierenden berichten von einem stressfreien Kursbesuch, obwohl die Aktivität in dem Kurs signifikant zugenommen hat. Eine Lernzielkontrolle am Ende des Semesters hat gezeigt, dass mehr als 80 % der Teilnehmenden auch ohne Vorbereitung eine alte Klausur bestanden hätten. Eine ausführliche Dokumentation des Bewertungssytems ­findet sich unter www.xperts-education.de.

Methodisches Vorgehen zur effizienten Prüfungserstellung

Methodisches Vorgehen zur effizienten Prüfungserstellung
Dr.-Ing. Frank Diemeyer, Technische Universität München

Abstract: Das halbjährliche Gestalten neuer Prüfungen zum stets gleichen Thema stellt selbst für erfahrene Dozenten eine Herausforderung dar. Insbesondere junge wissenschaftliche Mitarbeiter benötigen hierfür viel Zeit, wobei die Qualität der Prüfungen meist nicht systematisch sichergestellt wird. In einer semesterbegleitenden Workshop-Reihe mit ProLehre wurden am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik (FTM) und am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebs­wissenschaften (iwb) zunächst die erforderlichen Grundlagen zur Prüfungserstellung erarbeitet. Anschließend wurden in den Workshops Methoden zur Planung und Erstellung von Prüfungen auf die Bedürfnisse der Lehrstühle hin adaptiert. Nach der erfolgreichen Umsetzung des Vorgehens in zwei Pilot-Vorlesungen wurde von FTM und iwb mit Unterstützung von ProLehre ein eintägiges Schulungskonzept und ein Methodenbau­kasten für neuen Mitarbeiter entwickelt. Der Workshop wurde bereits mehrfach erfolgreich mit äußerst positivem Feedback durchgeführt.