Das Projekt nexus ist seit dem 30. April 2020 abgeschlossen. Alle Informationen und Texte entsprechen dem Stand zum Projektende und werden nicht weiter aktualisiert. Mit dem Themenbereich Anrechnung und Anerkennung befasst sich das aktuelle HRK-Projekt MODUS und für Studierende die Infoseite AN!.
Bei der Realisierung einer kompetenzorientierten Gestaltung von Studiengängen und entsprechenden Lehr-/Lernsettings, ist das kompetenzorientierte Prüfen eines der am schwierigsten umzusetzenden Forderungen im Kontext der Bologna Reform.
Grundsätzlich ist bei der Gestaltung kompetenzorientierter Prüfungsformate und -settings Folgendes zu beachten: Prüfungen sind sehr bedeutsame Elemente des Bildungsprozesses und besitzen damit auch eine zentrale Steuerungsfunktion für den Lernprozess. Auf das Bestehen der Prüfung oder den Erhalt von anerkennendem und informativem Feedback ist immer ein hoher Anteil der Lernaktivitäten gerichtet sein. Dies verhält sich auch im Kontext kompetenzorientierter Prüfungen nicht anders. Es sollte daher darauf geachtet werden, dass die Prüfungssituation angemessen in den Lernkontext eingebettet ist, so dass eindeutige Hinweise und Anreize von der Prüfungssituation ausgehen, um einen Lernprozess im Hinblick auf die zu erwerbende Kompetenz anzuregen. Dieses Prinzip entspricht dem "Constructive Alignment"-Konzept, das für ein kompetenzorientiertes Lehren, Lernen und Prüfen von zentraler Bedeutung ist. Beim "Constructive Alignment"-Konzept geht es im Kern darum, dass die intendierten Outcomes des Lernprozesses klar definiert und den Studierenden explizit verdeutlicht werden und die Prüfungs- und Lernaktivitäten stringent auf die "Learning Outcomes" abgestimmt werden. Insbesondere die Prüfungs- und Rückmeldeformate in den Veranstaltungen bzw. Modulen sollten den Inhalten und Anforderungsniveaus der "Learning Outcomes" entsprechen, da ansonsten die Lernaktivitäten trotz einer adäquaten Lehr-/Lerngestaltung nicht auf das Outcome-Level, sondern auf das Prüfformat-Level ausgerichtet werden (z. B. nur Wissen zu reproduzieren statt Wissen auch anwenden zu können).
Damit kompetenzorientierte Prüfungen einen effektiven Kompetenzerwerb unterstützen, müssen die Prüfungsaufgaben und -anforderungen sich somit eng an den angestrebten "Learning Outcomes" orientieren. Dies bezieht sich nicht nur auf die Inhalte von Prüfungsaufgaben, sondern insbesondere auf die Art der Leistungen und das Anforderungsniveau der angestrebten "Learning Outcomes". Wenn die "Learning Outcomes" z. B. auf den Erwerb von Fähigkeiten zur Lösung von komplexen fachlichen Problemstellungen gerichtet sind, sollten entsprechende Problemlösungsanforderungen und -szenarien auch in der Prüfung vorkommen. Eine entsprechende Bezugnahme und Umsetzung in Prüfungsformaten gilt es dabei nicht nur für fachliche Kompetenzziele, sondern auch für fachübergreifende "Learning Outcomes" (z. B. in Bezug auf sozialkommunikative oder kooperative Lernziele) vorzunehmen. In Bezug auf die Konzeption kompetenzorientierter Prüfungsverfahren bedeutet das, dass hierfür weniger wissensreproduzierende Prüfformate, sondern vielmehr Formate zu wählen und zu gestalten sind, die die Anwendung von Wissen, dessen Umsetzung in Handlungszusammenhängen sowie die Beurteilung und Reflexion von realitätsnahen Problemstellungen fordern. Geeignet sind hierbei vor allem Prüfungsaufgaben bzw. -formate, die problem- und handlungsorientierte Anforderungen stellen und komplexe kognitive Leistungen erfordern, die jeweils den Kompetenzanforderungen der angestrebten "Learning Outcomes" entsprechen. Im Zusammenhang mit ergebnisorientierten Prüfungskontexten sollte dies insbesondere auch sog. Situative Prüfungs- bzw. Testformate beinhalten, die die relevanten Prüfungsanforderungen anhand von situierten bzw. szenario-gestützten Aufgabenformaten (z. B. die Bearbeitung von "vollständigen" Handlungszusammenhängen in Fall-Klausuren, aber auch sog. Situative Fragen oder Minifälle in herkömmlichen Klausuren) repräsentieren. Bei prozessorientierten Prüfungskontexten sollten die Prüfungsanforderungen wenn möglich eingebettet sein in komplexere Lernaufgaben (z. B. bei der Durchführung von Experimenten, Konstruktionsaufgaben oder komplexen Berechnungen in mathematisch-natur-wissenschaftlichen Fächern oder bei der Bearbeitung von komplexen Fällen oder Projekten in wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Studienfächern).