Das Projekt nexus ist seit dem 30. April 2020 abgeschlossen. Alle Informationen und Texte entsprechen dem Stand zum Projektende und werden nicht weiter aktualisiert. Mit dem Themenbereich Anrechnung und Anerkennung befasst sich das aktuelle HRK-Projekt MODUS und für Studierende die Infoseite AN!.
Prof. Dr. rer. nat. Gerlinde Schreiber ist Studiengangsleiterin des Internationalen Frauenstudiengangs Informatik (IFI) an der Hochschule Bremen. Stella Mahler ist Studentin im vierten Semester. Das Exposé fasst eine Vorab-Diskussion des Bremer Tandems zu den Leitfragen der Podiumsdiskussion zusammen.
Als Studiengang einer Hochschule mit hohem Anwendungsbezug bereitet der IFI-Studiengang auf eine erfolgreiche Tätigkeit in der Praxis vor. Dazu gehört neben einer fundierten Fachkompetenz gleichermaßen eine hohe Methoden- und Individualkompetenz. Die Frage ist, wie man diese Kompetenzen prüft und ob man dies überhaupt in jeder Veranstaltung umfassend möchte und für angemessen hält. Einig sind sich die beiden, dass die Fachkompetenz vor allem in den Grundlagenfächern der ersten beiden Semester fundiert sein muss. Hier wird größtenteils auf Projektarbeit verzichtet. Jeder muss einmal durch Programmierung I und zwar alleine! Stella meint: "Die Prüfung war schwer, aber danach wusste ich, das kann ich. Das hat mich gestärkt." Wichtig ist Prof. Dr. Schreiber, dass Klausuren testen, ob der Stoff wirklich verstanden wurde und die Studentinnen fähig sind, mit fundiertem Wissen eigene Lösungen zu entwickeln. Reines Auswendiglernen ist nicht gefragt, deswegen ist ein handgeschriebener DIN-A4 Zettel mit Notizen in den Klausuren erlaubt.
In studienbegleitender Projektarbeit können praxisnahe Probleme erprobt werden. Stella: "Es motiviert mich, eigene Schwerpunkte zu setzen und über die Vorlesungsinhalte hinaus zu forschen." Allerdings ergeben sich hier ganz neue Herausforderungen für Lehrende, vor allem wenn die Themen- und Gruppenwahl frei ist. Der Frauenstudiengang Informatik als sehr kleiner Studiengang hat das Glück, individuelle Projektarbeiten durchführen zu können. Der Vorbereitungsaufwand hält sich bei einer überschaubaren Studierendenzahl (30 Erstsemester werden pro Jahr aufgenommen) in Grenzen. Dennoch ist es nicht leicht, eine faire Bewertung durchzuführen, zumal ähnliche Prüfungssituationen von den Studierenden oft unterschiedlich bewertet werden. Prof. Dr. Schreiber legt diese Verantwortung in die Hände der Studentinnen. Jede kann für sich entscheiden, ob sie lieber alleine oder im Team arbeiten möchte, ob es eine Gruppen- oder Einzelbewertung gibt. Die Studierenden definieren somit ihren eigenen Begriff von Fairness und haben Raum, diesen zu testen.
Zwei Mal im Semester haben die Studentinnen im IFI-Studiengang in den fortgeschrittenen Veranstaltungen die Möglichkeit, ihren Leistungsfortschritt in Lernkontrollen zu prüfen. Dafür muss das Gelernte auf einen Anwendungsfall übertragen werden. Um den Korrekturaufwand zu reduzieren, werden in größeren Kursen Onlinetests angeboten. Prof. Dr. Schreiber erlebt, dass es den Studierenden hilft durchzuhalten und die Prüfungsvorbereitung am Ende des Semesters entzerrt. Insbesondere im Hinblick auf die hohen Durchfall- und Abbruchquoten in MINT-Fächern erscheint dieses Vorgehen vielversprechend. Stella entgegnet: "Während des Semesters möchte ich üben und Fehler machen dürfen. Werden die Lernkontrollen allerdings bewertet, habe ich Hemmungen einen anderen Lösungsweg auszuprobieren."